Lehren oder Lernen?

Meine ersten Arbeitstage verlaufen sehr ähnlich. Ab und an spreche ich mit Mr. Andrew Chowa, dem lokalen IT Lehrer, um mir Informationen zu beschaffen und ihm vom aktuellen Stand meiner Vorbereitungen zu berichten. Den Rest der Zeit verbringe ich mit dem Lesen von Skripten meines Vorgängers. Doch nun soll sich dieser Tagesablauf für mich ändern…

Kurze Zeit nach meiner Ankunft in Ndola wurde ich bereits das erste Mal ins kalte Wasser geworfen, indem ich beauftragt wurde Kohle kaufen zu gehen. Nach diesem Prinzip erfolgt so manches hier, nicht lang überlegen sondern umsetzen. Dafür dass ich in den letzten zwei Jahren immer mehr vorbereitet, organisiert und geplant habe, fällt es mir jedoch relativ leicht mit diesem Schema klar zu kommen.

Mein erster Gedanke war einen Kurs von Andrew zu besuchen und zu beobachten und unterhalte mich Mittwoch Abends noch mit ihm darüber. Stattdessen sagt er mir, ich soll am nächsten Morgen um 9 Uhr in den Computerraum kommen und seinem Kurs einen Teil der Textformatierung mit MS Office Word 2010 näher bringen…

Am Donnerstag Morgen stehe ich bereits um 8 Uhr in der Bibliothek, die sich direkt neben dem Computerraum befindet, um mich etwas mit der Struktur der Bibliothek zu beschäftigen. Pünktlich um 9 Uhr bin ich im Computerraum, begrüße Andrew und stelle mich den Schülern vor. Nach einer kurzen Einführung, was ich mit den Schülern machen soll, verlässt Mr. Chowa den Raum und ich versuche mich zum ersten Mal als Lehrer hier in Sambia. Obwohl es nur ein hineinschnuppern in den Lehrberuf ist, so erhalte ich bereits ein paar Eindrücke und möchte mich an dieser Stelle bei meinen ehemaligen Lehrern entschuldigen. Schon bei dieser ersten Erfahrung merke ich, wie schwierig es vergleichsweise für einen Lehrer ist einen sehr schüchternen Schüler zu unterrichten, der sich so gut wie kein Wort zu sagen traut, als jemanden der sich gut beteiligt. Gleich in meiner ersten Lehreinheit sitzt eine Schülerin im Raum, die mich stark an mich erinnert, wie ich vor ein paar Jahren noch war. Obwohl es etwas länger dauert, habe ich den Eindruck, dass auch sie versteht, was ich versuche ihnen beizubringen. Mir gefällt die Arbeit in der Schule Twikatane von Tag zu Tag mehr, doch es gibt noch viel zu tun bevor ich einen Kurs leiten kann. Andrew bietet mir abschließend an, dass ich seinen Kurs am Nachmittag, von 14 bis 16 Uhr, übernehme und eine Einführung in MS Office PowerPoint 2010 gebe. Dieses Angebot nehme ich natürlich gerne an.

Ich bin wieder auf dem Weg zurück in unser Nsaka, eine Art Pavillion, der hinter dem Gästehaus von anderen Auslandsdienern gebaut wurde. Dort finde ich Andi und Lex vor und beginne mit ein paar kleinen Vorbereitungen für den Kurs am Nachmittag (kurzer Überblick über die englische Version von PowerPoint, sowie noch ein, zwei einleitende Phrasen für englische Präsentationen), während die anderen beiden ihr Equipment für ein Interview mit mir vorbereiten. Dieses ist meiner Meinung nach bisher wohl das beste und auch angenehmste Interview, obwohl es mit kurzer Hose und T-Shirt im Nsaka doch etwas kühl ist. Damit ist der Vormittag schon vergangen und es gibt gleich Mittagessen.

Es gibt Reis, Gemüse, Soße, Nshima und Antilope. Ich bin seit meinem ersten Tag hier sehr positiv überrascht vom essen, es schmeckt köstlich. Zwar essen einige Leute hier ebenfalls mit Messer und Gabel, doch lerne ich jeden Tag etwas mehr, mit ein paar Tipps durch Father Mathew, mit Nshima und meinen bloßen Händen zu essen. Nshima kann sehr gut geknetet und verformt werden, darum kann man es mit etwas Übung als “Löffel und Brot” verwenden. Auch der Geschmack ist damit auf positive Weise verändert und man bekommt einen anderen Bezug zum Essen.

Nach der einstündigen Mittagspause werde ich bereits von Andi im Computerraum erwartet, der ein paar Aufnahmen von meiner zweiten Lehreinheit machen möchte. Ich bin sehr positiv überrascht, dass so gut wie alle Schüler pünktlich in den Unterricht kommen. Nach vorangegangenen Erzählungen steht Unpünktlichkeit hier an der Tagesordnung, ich persönlich habe bisher jedoch noch keine Erfahrung damit gemacht. Als Einführung stelle ich eine kurze Präsentation zusammen, in der ich mich vorstelle, und präsentiere diese anschließend. Da sie nun ein Beispiel gesehen haben erkläre ich jeden einzelnen Schritt. Von Titel eintragen, dem Hinzufügen und löschen von Seiten usw. ist alles dabei. Auch wenn ich ein, zwei Erklärungen vergesse, so sitzen zum Glück interessierte Schüler im Raum, die auch gerne Fragen stellen. Nicht lange nach meiner Einführung werde ich schon von einer Schülerin verlangt, sie kann PowerPoint nirgendwo finden. Es war tatsächlich nicht an den für sie gewohnten Orten, weder am Desktop noch im Startmenü vorhanden. Ich öffne es für sie und werde mir diesen Computer am Abend nochmal genauer ansehen da er ohnehin noch andere Probleme hat. Obwohl ich ein paar Anfängerfehler mache, kann ich letztendlich auf jedem Bildschirm eine schön gestaltete PowerPoint Präsentation sehen. Bisher gefällt mir die Arbeit in der Schule sehr gut. Ich raste mich nun nach einem anstrengenden Tag erstmal im Nsaka aus.

Nach einiger Zeit kommen Markus, Andi, Lex und Philipp dazu und wir amüsieren uns prächtig. Nach dem Abendessen mache ich mich jedoch wieder an die Arbeit, es ist in etwa 19:15 Uhr als ich mich wieder auf dem Weg zur Schule mache. Ich arbeite in der Bibliothek und im Computerraum bis nach 22 Uhr und lerne die einzelnen Strukturen immer besser kennen.

 

Alles in allem kann ich sagen, obwohl ich den Schülern etwas beigebracht habe, haben sie mir viel mehr beigebracht. Ich habe noch viel zu lernen und hoffe, dass ich meinen ersten Kurs halbwegs gut durchbringen werde. An dieser Stelle möchte ich all meinen Lehrern für die gute Vorbereitung danken, ohne die ich wohl nicht einmal hier wäre.

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